(Online) pornosucht
Von der Lust zur Last
Nirgendwo ist es so leicht an Pornografie zu gelangen wie im Internet.
Statistiken belegen, dass „Sex“ einer der populärsten Suchbegriffe bei Google und Co. ist. Die Vielzahl der Webseiten mit erotischen oder pornografischen Inhalten macht deutlich, dass sich das Geschäft lohnt.
Mit jedem Besuch auf Pornowebseiten werden Daten gesammelt, die die Unternehmen nutzen, um die Sehgewohnheiten sowie die Dauer und Häufigkeit des Konsums zu beeinflussen.
Dadurch verändert sich seit zwei Jahrzehnten der Blick und das Verhalten vieler Menschen in Bezug auf Sexualität stark. Unsere Beratungsangebote können dabei helfen, den eigenen Umgang mit Internetpornografie zu hinterfragen, problematisches Verhalten zu erkennen und sich davon zu befreien.
Was ist Pornosucht?
Von Pornosucht spricht man, wenn die Suche und der Konsum von sexuellen Inhalten im Internet das Leben bestimmen. Anders ausgedrückt: die (Online-)Pornografie verdrängt nach und nach andere Interessen und Bedürfnisse, auch jenes nach echter zwischenmenschlicher Intimität und Sexualität.
Weitere Kennzeichen sind ein fortschreitender Kontrollverlust über Häufigkeit und Ausmaß der Nutzung. Zwar merken Betroffene irgendwann, dass ihre exzessive Beschäftigung mit der Pornografie unangenehme Folgen hat, doch fällt es ihnen äußerst schwer, etwas daran zu ändern.
Onlinepornografiesucht gehört zu den nicht stoffgebundenen Süchten, den sogenannten Verhaltenssüchten. Sie ähnelt damit anderen Abhängigkeitserkrankungen und kann, wenn auch noch nicht offiziell als eigenständige Erkrankung anerkannt, erheblichen Leidensdruck hervorrufen.
Was ist der Unterschied zwischen Pornosucht und der sogenannten Hypersexuellen Störung („Sexsucht“):
Während bei der Onlinepornografiesucht die Sexualität nahezu ausschließlich virtuell ausgelebt wird, kommt es bei der Hypersexualität zu einem übersteigertem Sexualverhalten vor allem in Form direkter Sexualkontakte.
Woran erkennt man Pornosucht?
Pornosucht äußert sich in einer Reihe von psychischen Auffälligkeiten und Verhaltensweisen, die von Mensch zu Mensch verschieden und unterschiedlich stark ausgeprägt sein können.
Hinweise auf eine süchtiges Verhalten können u. a. sein:
Fokussierung:
wenn andere Interessen und Lebensbereiche zugunsten der (Online-) Pornografie an Bedeutung verlieren
Einengung des Denkens
wenn sich die Gedanken sich nur noch um Pornoseiten und Masturbation drehen
Beschränkung der Sexualität
wenn nur noch über den Konsum virtueller Pornografie sexuelle Erregung und Befriedigung erreicht werden können
Vernachlässigung von:
- Hobbys, Interessen, alltäglichen Tätigkeiten
- beruflichen Angelegenheiten
- Beziehungen, Familie und Freundschaften
Onlinepornografie bietet keine wirkliche sexuelle Erfüllung, sodass Betroffene die zwanghafte Beschäftigung damit im Laufe der Zeit als Belastung empfinden. Hinzu entstehen oftmals negative soziale Konsequenzen sowie psychische Symptome, die die Lebensqualität erheblich mindern.
Folgen der Pornosucht
Diese Art der Verhaltenssucht lässt sich in vielerlei Hinsicht mit dem Konsum von Drogen vergleichen – es spielen sich ganz ähnliche psychische sowie biologische Prozesse und Veränderungen ab.
Die Konsequenz: Der Drang (sog. Craving) nach Pornografie wird immer stärker, während die anfänglich dadurch erlebte Erregung und Befriedigung allmählich schwächer wird (Toleranzeffekt).
In der Folge intensiviert sich der Pornokonsum: Beschränkt er sich anfangs noch auf die eigenen vier Wände, greift er später auf immer mehr Lebensbereiche wie z. B. den Arbeitsplatz über. Oftmals werden dann auch Inhalte aufgerufen, die eigentlich gar nicht den eigenen sexuellen Vorlieben entsprechen.
Auch Entzugserscheinungen – von Gereiztheit und Unruhe bis hin zu Panik oder Verzweiflung – können auftreten, wenn Betroffene ihren Konsum entweder einschränken wollen oder dazu gezwungen sind.
Weitere mögliche Folgen sind:
gesundheitliche Beeinträchtigungen und psychosomatische Beschwerden, z. B. Schlafstörungen, Appetitverlust
verschiedene urologische Folgeerkrankungen (sexuelle Funktionsstörungen, Erektionsstörungen)
Leistungsabfall in Schule, Ausbildung, Studium oder Jobsoziale Probleme, z. B. Verlust der Partnerschaft
psychische und emotionale Störungen, z. B. Depressionen, Angststörungen, Suizidgedanken
Schuld- und Schamgefühle
Stressbelastungssyndrome
juristische Probleme (z. B. durch den Zugriff auf illegale sexuelle Inhalte)
Betroffene, die in einer Beziehung leben, verheimlichen den Pornokonsum für gewöhnlich vor ihrem Partner. Dennoch kann das ständige Gefühl, ein Doppelleben zu führen, sie stark belasten. Gleichzeitig nimmt die gemeinsame Sexualität meist drastisch ab, was die Beziehung zusätzlich auf die Probe stellt.
Findet der Partner (z. B. über den Browserverlauf) heraus, dass der Betroffene exzessiv Onlinepornografie nutzt, wird dies oft als schwerwiegender Vertrauensbruch empfunden.
Der Partner fühlt sich tief verletzt, macht sich Vorwürfe und stellt seine eigene Attraktivität infrage. Nicht selten kommt es schließlich zur Trennung, was bei manchen Betroffenen Depressionen und Selbstmordgedanken auslösen können.
Woran erkenne ich, ob ich süchtig nach Pornografie bin?
Unser Selbsttest hilft Ihnen dabei, herauszufinden, ob Sie an einer Verhaltenssucht leiden oder suchtgefährdet sind.
Welche Arten von Pornosucht gibt es und wer kann süchtig werden?
Pornosucht betrifft deutlich mehr Männer als Frauen. Betroffene befinden sich häufig im mittleren Erwachsenenalter und stehen durchaus „mitten im Leben“. Aber auch junge Erwachsene und Jugendliche können betroffen sein.
Die exzessive Suche nach "perfekten" sexuellen Inhalten, sowie das exzessive Betrachten von sexuellen Bildern und Videos mit begleitender Masturbation stellt die häufigste Form der Pornosucht dar.
Es gibt aber auch Betroffene, die hauptsächlich in sexuellen Chats aktiv sind oder über entsprechende Portale von Cybersex Gebrauch machen.
Was sind die Ursachen der Pornosucht?
Für die Entstehung einer Abhängigkeit von Pornografie spielen sowohl die Persönlichkeit des Betroffenen als auch seine individuelle Lebensgeschichte eine Rolle.
Häufig sind Betroffene bereits früh in ihrem Leben mit pornografischem Material in Kontakt gekommen. Die damals erlebte starke sexuelle Erregung wird meist viele Jahre später noch so lebhaft erinnert, dass Pornografie eine nachhaltige Anziehungskraft ausübt.
In manchen Fällen spielen auch traumatische Ereignisse in jungen Jahren eine Rolle. Um diese zu verarbeiten, flüchteten sich Betroffene in die (Online-) Pornografie, wo sie Ablenkung und ein Gefühl der Geborgenheit finden.
Was kann man gegen Pornosucht tun?
Im Vordergrund steht wie bei jeder Sucht die Hilfe von außen. Sie kann innerhalb einer Selbsthilfegruppe, aber auch in Form einer professionellen Therapie (individuell oder Gruppentherapie) erfolgen.
Haben Sie persönliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Nutzung von (Online-) Pornografie? Oder sind Sie Angehörige(r), Elternteil, Lebenspartner(in), Freund(in) eines suchtgefährdeten Menschen und wissen nicht, wie Sie sich verhalten sollen?
Wir bieten eine kostenlose & anonyme Beratung und Therapie bei Pornosucht und problematischem Konsum.
Gern vermitteln wir auch den Kontakt zu Selbsthilfegruppen für Betroffene und Angehörige (Link zu „Für Angehörige“).
FAQ:
Um herauszufinden, ob sich der Pornokonsum bei Ihnen möglicherweise negativ auswirkt, können sie einen Selbstversuch starten. Wählen Sie einen ausreichend langen Zeitraum (z. B. vier Wochen), in dem Sie bewusst auf Pornografie (online wie offline) verzichten.
Beobachten Sie sich während dieser Zeit und beantworten Sie für sich folgende Fragen: (1) Fällt mir der Verzicht sehr schwer? (2) Erlebe ich ein fast schmerzhaftes Verlangen nach dem Konsum? (3) Bin ich reizbarer oder unausgeglichener als sonst? (4) Fange ich an, mir „Ausnahmen“ vom Verzicht zu erlauben?
Falls Sie – auch nach mehreren Tagen – eine oder mehrere Fragen mit Ja beantworten, ist es ratsam, Kontakt zu einer Beratungsstelle aufzunehmen, um einen möglichen Behandlungsbedarf abzuklären.
Wie bei anderen Suchterkrankungen auch, ist es wichtig, dem Suchtverhalten möglichst frühzeitig zu begegnen. Je eher eine Beratung oder Behandlung ansetzt, desto besser sind die Aussichten auf einen dauerhaften Erfolg. Jedoch ist das leichter gesagt als getan: Erstens realisieren Betroffene in der Regel eher spät, dass sie die Kontrolle über ihr Verhalten verloren haben.
Zweitens ist gerade eine Onlinepornografiesucht noch immer stigmatisiert. Betroffene schämen sich oft für ihr Problem, fühlen sich schuldig und schrecken deshalb davor zurück, sich Hilfe zu suchen.
Werden diese Hürden jedoch überwunden, stehen die Aussichten auf einen Behandlungserfolg durchaus gut. Zwar fehlt es derzeit noch an umfassenden klinischen Studien zu diesem vergleichsweise neuen Störungsbild, doch die Praxis zeigt, dass Betroffene von einer frühzeitigen Behandlung profitieren.
Auch wenn es manchmal schwer fällt, kann es helfen, sich an seine Freunde bzw. seine Familie zu wenden. Eine Unterstützung durch das Umfeld kann der betroffenen Person helfen, offener über ihr Problem zu sprechen und externe Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Als eine auf Verhaltenssüchte spezialisierte Einrichtung kann das Zenter fir exzessiivt Verhalen a Verhalenssucht (ZEV) professionelle Hilfe anbieten.